Textversion
Wer wir sind Was wir tun Aktuelles Know-How Archiv Kunden Datenschutz
Startseite Archiv 2006 - 2007 Druck auf ERP Anbieter

Archiv


2015 - 2017 2012 - 2014 2008 - 2011 2006 - 2007 2004 - 2005 Download Dokumente Download Tools

CD Lebensdauer ISA Server Smart tauscht Drucker Druck auf ERP Anbieter Hardware Tausch Hacking ... Vishing RSS Missbrauch BGH Web-Impressum BGH Datenspeicherung Datenverluste +30% Jahreswechsel 2007 Neue E-Mail Richtlinie Phishing nimmt zu Malware Nummer 1 Terror, Spionage ... IT Know-How E-Mails und GDPdU Blackberry verboten Premium-Abzocke Bundestrojaner

ERP Anbieter unter Druck

|23.06.2006|

ERP II - Anbieter unter Druck

Gartner Group prägte Mitte der Neunziger-Jahre den Begriff Enterprise Resource Planning (ERP). Das Marktforschungsunternehmen beschrieb damit eine integrierte Software-Lösung, die administrative Standardfunktionalitäten mit Funktionalitäten aus der Fertigung verbindet.

Inzwischen hat sich ERP-Software zur wesentlichen Säule der Unternehmens-IT entwickelt. ERP-Systeme halten Unternehmensfinanzen zusammen und liefern ein Datenfundament, auf welches Controller zurückgreifen können. Durch das Zusammenführen von Finanzen, Produktion, Vertrieb, Einkauf, Lager und Kooperationsdaten der Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten bilden ERP-Lösungen die Basis für strategische Entscheidungen.

Etwa 2000 wendeten sich die Unternehmen vertriebsorientierten Aktivitäten zu. Dies führte zwangsläufig zur Erweiterung der ERP-Konzepte. Zwischenzeitlich hatten sich auch die SCM-Anbieter (Supply Chain Management) als ernst zu nehmende Konkurrenz am Markt etabliert. Die SCM-Anbieter konzentrierten sich von Anfang an auf unternehmensübergreifenden Prozesse mit Focus auf den Lieferanten. SCM-Lösungen konnten Planungsdaten aus verschiedenen Systemen automatisch extrahieren und zu verarbeiten.

In den letzten Jahren haben die ERP-Anbieter versucht, gegenüber den SCM-Mitbewerbern verlorenen Boden wieder wett zu machen. Neuer Wettbewerb bildete sich durch CRM-Anbieter (Customer Relationship Management). Neben spezifischen Applikationen sorgt in jüngster Zeit aber auch die technologische Entwicklung für immer stärkeren Unmut. Die ERP-Anbieter sehen sich dem Anspruch ausgesetzt, ein Komplettpaket an Anwendungen anbieten zu müssen, das alle erdenklichen Unternehmensanforderungen abdeckt und noch dazu auf der Basis einer einheitlichen Plattform läuft.

Nun ist ERP II geboren und bringt Web-Fähigkeit! - Wieder war die Gartner Group Begriff prägend. Auf ERP I folgt nun ERP II. Allerdings ist ERP II lediglich die web-fähige Version von ERP.Es geht weniger um neue Funktionen als um die Nutzung bisher schon genutzter Applikationen über das Internet. Dies optimiert die Zusammenarbeit zwischen firmeninternen und unternehmensübergreifenden Prozessen, macht somit auch die Nutzung effizienter.

Mittels Web-Technologie erlaubt ERP II neue Kombinationen von Prozessen. So lässt sich die Wertschöpfungskette, die bisher von den einzelnen Abteilungen eines Unternehmens geschlossen wurde, nun auf andere Unternehmen übertragen. Damit wird es möglich, z.B. nicht nur die physische Abwicklung des Warenversands, sondern eingebunden die komplette Warenwirtschaft, von einem Logistik-Dienstleister übernehmen zu lassen.

Da sich ein "ERP-Markt" nur schwer funktional abgrenzen lässt, wurde der Ansatz gewählt, ihn auf Basis der Mitarbeiterzahl und Umsatzgröße zu definieren. Das trifft jedoch nicht den tatsächlichen Bedarf: Die vielfach vorgenommene Klassifizierung des ERP-Markts nach Unternehmensgröße auf Kundenseite ist eher als Marketingstrategie der Anbieter einzustufen.

Ausblick

Den Beweis dafür liefern die zahlreichen Mittelstandsoffensiven der großen Anbieter vergangener Jahre. Die ERP-Produzenten der ersten Stunde wollten ihre Lösungen ohne substanzielle Anpassungen an Mittelbetriebe verkaufen. Dies ging im wesentlichen schief - danach übernahmen große ERP-Anbieter die kleineren. Heute lassen sich folgende Schlüsselszenarien darstellen:

- Der Mittelstand ist der Hoffnungsmarkt der Anbieter.

- Der Kampf um Marktanteile ist härter geworden. In fast allen Ländern der EU gibt es eine Vielzahl kleiner lokaler ERP-Anbieter, die sich gut behaupten, jedoch aufgrund der beschränkten Größe ihrer installierten Basis möglicherweise bald dem Wettbewerbsdruck nicht mehr standhalten können oder den finanziellen Verlockungen eines Übernahmeangebotes erliegen.

- Da aber die Zukunft des ERP-Markts nicht nur vom finanziellen Kräfteverhältnis der Anbieter entschieden wird, sondern auch vom Umstand, wie sehr die angebotenen Lösungen dem ERP II-Konzept entsprechen, ist für die Anwender vor allem wichtig zu wissen, welche Merkmale ERP-II Lösungen aufweisen müssen, damit die Geschäftsstrategie realisiert werden kann. Je größer der Vorsprung des Anbieters in Sachen ERP II, desto höher ist auch die Investitionssicherheit für die Kunden, da diese Lösungen erst am Beginn ihres Lebenszyklus stehen.

Wesentliche Merkmale ERP II

Hierzu hat Helmuth Gümbel, ehemaliger ERP-Analyst bei Gartner und jetzt Partner und Analyst bei Strategy Partners International, acht Merkmale von ERP-II-Lösungen herausgearbeitet.

1. Internetbasierende Architektur: Da das Internet keine Transaktionen unterstützt und im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen, weder zuverlässig noch sicher genug ist, brauchen Applikationen mehr als das Draufsatteln der Web-Fähigkeit. In den meisten Fällen ist die dabei entstehende Architektur sehr komplex und schwer administrierbar. Daher brauchen Anwender heute Produkte, die eine native Internetunterstützung bieten, und nicht Kompromisslösungen, wie sie von veralteten Architekturen diktiert werden.

2. Plattformunabhängigkeit: Anwender wollen die Wahlfreiheit zwischen mehreren Plattformen. Einerseits um ihre vorhandenen Systeme besser nutzen zu können und andererseits um das Risiko des totalen Verschwindens eines Herstellers vom Markt sowie das eines Herstellermonopols zu minimieren.

3. Skalierbarkeit: Unabhängig von ihrer Größe sollten Unternehmen nicht gezwungen werden, zu einem anderen Produkt zu wechseln, nur weil ihre ERP-Software die Last der Transaktionen nicht mehr bewältigen kann.

4. KISS (keep it simple and stupid) – Einfachheit für den Endanwender: Technischer Fortschritt ist in all zu vielen Fällen nicht unbedingt auch anwenderfreundlich. Deshalb müssen die Hersteller besonders auf die Konsistenz der Benutzeroberflächen achten.

5. KIF (keep it flexible) – Unternehmerische Flexibilität: Die Unternehmen stehen unter dem ständigem Druck, ihre Prozesse zu vereinfachen, und zwar auch über ihre Unternehmensgrenzen hinweg. Die Verbindung von Applikationen zur Unterstützung unternehmensübergreifender Collaboration ist deshalb eine Schlüsselanforderung.

6. KIO (keep it open) – Offenheit für Integration und Standards: Von modernen ERP-Produkten werden leichte Integrierbarkeit und Standardschnittstellen erwartet. Je reifer Integrationskonzepte werden, desto bedarfsorientierter sind sie. ERP-Hersteller erfüllen diese Anforderung am besten, wenn sie ihre Produkte mit führenden Plattformen integrieren.

7. Funktionale Erweiterungen: Mittelständische Anwender bevorzugen integrierte Lösungen aus einer Hand und sind nicht glücklich mit Produkten, die zusätzliche Integration erfordern. In Zukunft werden ERP-Hersteller daher versuchen, die gesamte Business-Software zu liefern, die ein Unternehmen für die Abwicklung seiner Geschäftstätigkeit braucht.

8. Branchenlösungen: Viele Hersteller haben Produkte entwickelt, mit denen sie die Anforderungen ganzer Industriebranchen abdecken können – allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Denn nur in rund einem Drittel der Fälle reichte eine Branchenlösung an die Qualität des zugrunde liegenden Kernprodukts heran. Doch auch hier versuchen sich die Hersteller den Kundenanforderungen anzupassen. Die Anwender wollen Lösungen, die alle Anforderungen ihrer Branche abdecken und sich auch in der Praxis bewährt haben.

Fazit

Es steht außer Frage, dass die Zeiten für ERP-Hersteller ziemlich hart sind. Aber viele Anbieter und ein harter Wettbewerb bedeuten meist auch Vorteile für Kunden. Zeichen und Zeit für die Anschaffung eines ERP-Systems waren wohl noch nie so gut wie heute.

Das betrifft aber weniger die Kosten für den Einsatz einer ERP-Lösung – eine gute betriebswirtschaftliche Software bedeutet immer eine beträchtliche Investition. Bei der Frage nach der richtigen ERP-Lösung sollte man nicht in erster Linie auf die Höhe der Investition achten oder darauf, welcher Anbieter das nächste oder übernächste Jahr überstehen wird. Vielmehr kommt es zunächst einmal darauf an, welche Vision ein Unternehmen für sich selbst hat. Denn nur diese Frage bestimmt die funktionellen Anforderungen. Und nur so wird aus einer ERP-Lösung nicht "Eine Richtige Pleite". Das gilt heute genauso wie in fünf, zehn oder noch mehr Jahren.

Aus ziemlich aktuellem Anlass noch ein Tipp zum Schluss. Da die Preise für Outsourcing-Dienste wie ASP (Application Service Providing, das ist ein Quasi-Leasing, beim dem Software nicht gekauft wird, sondern die Software-Nutzung gegen Gebühr erfolgt) unter sehr starken Druck geraten sind und sich diese Entwicklung fortsetzen wird, sollte sich eine gute ERP-Lösung auch an das ASP-Modell anlehnen. Denn damit macht man aus der prinzipiellen Frage, ob Inhouse-Lösung oder Outsourcing, eine taktische Entscheidung.

Druckbare Version