OLG: E-Mail Filterung

|20.01.2005|


E-Mail Filterung ist gesetzeswidrig

In einem bemerkenswerten Urteil setzte sich der 1. Strafsenat des Oberlan-
desgerichts Karlsruhe mit der Frage des Blockierens von E-Mails auseinander. Dabei kam er zu dem Schluss, dass gezieltes technisches Filtern strafbar sein kann. E-Mail Filterung verstößt gegen Post- und Fernmeldegeheimnis. Dies betrifft nicht nur Mitarbeiter von Unternehmen, sondern auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, in dem vorliegenden Fall eine Hochschule.


Der Fall im Detail:

Nach dem Ausscheiden eines wissenschaftlichen Mitarbeiters einer Hochschule in Baden-Württemberg im Jahre 1998 hatte er über die Mail-Server der Hoch-
schule weiterhin mit dort tätigen Dozenten, Wissenschaftlern und Freunden Kontakt gehalten und so z.B. auch über Vereine weitergeleitete Nachrichten Dritter auf seinem Privatrechner erhalten. Im Herbst 2003 wurde ihm seitens der Hochschule die Benutzung der Kommunikationseinrichtungen untersagt, gleichzeitig wurden alle an ihn gerichteten oder von ihm stammenden Nach-
richten, in welchen sein Name im Adressenfeld vorkam, technisch ausgefiltert, ohne dass andere Absender oder Empfänger hiervon unterrichtet worden waren.

Die Staatsanwaltschaft hat im Januar 2004 die Einleitung eines Ermittlungs-
verfahrens wegen Verdachts der Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses nach § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB abgelehnt (§ 152 Abs. 2 StPO), weil das Unter-
drücken derartiger Sendungen nur bei Unternehmen strafbar sei und eine Hochschule als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht als solches angesehen werden könne. Anders sah dies nun der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe.

Der Begriff des Unternehmens im Sinne von § 206 StGB sei weit auszulegen, denn nur ein solches Verständnis könne dem Gesetzeszweck gerecht werden, das subjektive Recht des Einzelnen auf Geheimhaltung des Inhalts und der näheren Umstände des Postverkehrs und seinen Anspruch auf Übermittlung von Sendungen zu schützen. Als Unternehmen sei danach jede Betätigung im geschäftlichen Verkehr anzusehen, die nicht ausschließlich hoheitlich erfolge oder auf eine rein private Tätigkeit beschränkt sei. Auf eine Gewinnerzielungs-
absicht komme es dabei nicht an.

Der 1. Strafsenat hat die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwalt-
schaft angeordnet. Diese muss nun unter anderem klären, ob das Ausfiltern von E-Mails unbefugt war oder hierfür ein Rechtfertigungsgrund, wie etwa die Befürchtung der Infiltration von Viren, zur Verfügung stand (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 10. Januar 2005 - 1 Ws 152/04). Soweit ersichtlich, handelt es sich um die erste obergerichtliche Entscheidung zur Strafbarkeit des Ausfilterns von E-Mails.

Verletzungen des Post- oder Fernmeldegeheimnisses von Mitarbeitern in Post- oder Telekommunikationsdienste erbringenden Unternehmen werden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bestraft.


Schlussfolgerung für IT-/Security-Verantwortliche

Sie bewegen sich bei der Festlegung von Maßnahmen zur Sicherheit Ihres Unternehmens in einem begrenzten Raum. Die jeweiligen Zielsetzungen sind immer mit Unternehmensinteressen und Konformität zur geltenden Gesetzgebung und Rechtsprechung abzugleichen.

Einerseits sollen nicht für das Unternehmen bestimmte E-Mails (Stichwort: SPAM) blockiert werden, andererseits gibt es auch unternehmensbedingte Notwendigkeiten, in welchen durch Inhaltskontrolle (Stichwort: Content) verhindert werden soll, dass sicherheitsrelevante Sachverhalte das Unterneh-
men verlassen. Grundsätzlich wird durch das Verlassen des Unternehmens von Mitarbeitern immer die Frage dieses Handlings zu stellen sein. Das vom OLG Karlsruhe nun gefällte Urteil zeigt, wie es nicht zu machen ist.


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